Kompliziertes Steuerrecht

Die dritte große Unbekannte für unsere finanzielle Zukunft ist die Steuergesetzgebung. Viele Politiker haben in den letzten Jahren konkrete Vorschläge unterbreitet, das Steuerrecht zu vereinfachen und gerade im Hinblick auf die fortschreitende Globalisierung der Märkte und die durch einige Banken und Staaten ausgelöste Finanzkrise den Standort Deutschland für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wettbewerbsfähiger zu gestalten. Alle diese Ideen haben gemeinsam, dass die Steuersätze für Einkommen oder Ertrag gesenkt, im Gegenzug Subventionen abgebaut und Verbrauchssteuern gegebenenfalls erhöht werden sollen. Politisch bleiben diese Vorschläge aber schwer umsetzbar, da jeder Subventionsabbau die Lobbyisten auf den Plan ruft, bei den Parteien Angst vor Wählerabwanderungen besteht und die Politiker ihre Macht nicht verlieren wollen. Oder anders ausgedrückt ihnen die Courage fehlt. Der Wunsch eines Politikers, dass die Steuererklärung auf einem Bierdeckel auszufüllen ist, wird wohl eine Utopie bleiben.

Jede neue Steuer hat etwas erstaunlich Ungemütliches für denjenigen, der sie zahlen oder auch nur auslegen soll.[1]

Unser Steuerrecht ist komplex, so komplex dass es uns einen unrühmlichen Spitzenplatz unter den mehr als 200 Ländern der Erde einbringt. Die Nation mit der umfangreichsten Steuerliteratur. 60 bis 70 Prozent der weltweiten Publikationen zum Thema Steuerrecht sind in deutscher Sprache verfasst und das Gestrüpp der Vorschriften wird immer dichter. Nicht nur die Anzahl der Gesetze und Vorschriften für die Steuergesetzgebung ist in den letzten Jahren rasant gestiegen, sondern auch die Anzahl der steuerlich tätigen Berater. Der Normalbürger hat den Überblick schon längst verloren und benötigt an allen Ecken und Enden steuerliche Hilfe. Einige Länder haben sehr einfache Steuergesetze mit für uns fast utopisch anmutenden geringen Steuersätzen. Dies wird dazu führen, dass immer mehr Unternehmen lieber in diese Länder investieren und dort Arbeitsplätze schaffen. Was dies für uns als Standort Deutschland bedeutet, braucht wohl nicht näher erläutert zu werden.

Ein Steuermodell ohne Subventionen und Ausnahmen, aber mit einem niedrigen Tarif, schafft nicht nur mehr Gerechtigkeit, sondern führt unweigerlich zu mehr Wachstum, zu mehr Konsum der privaten Haushalte, zu mehr Investitionen der Unternehmen, zu einer Verringerung der Arbeitslosigkeit und paradoxerweise zu mehr Steuereinnahmen. Mit einer Vereinfachung des Steuerrechtes könnte Deutschland wieder kräftig zulegen. Eine Reduzierung der Einkommensteuerbelastung würde den Verbrauch der privaten Haushalte spürbar beleben. Den Kaufhäusern und Supermärkten würde dies deutliche Mehreinnahmen verschaffen. Seit Jahren ist jedoch die Sparquote auf hohem Niveau. Die Deutschen haben ein Hobby: Angstsparen und Schnäppchenjagd bei Aldi, Lidl, Media Markt und Co. Hinzu kommen noch die deflationären Anzeichen der Wirtschaft auf Grund der derzeitigen Finanzpolitik der Europäischen Zentralbank. Käme es zu einer Vereinfachung wäre dies wohl auch ein psychologischer Befreiungseffekt, der die Sparquote wieder sinken und die Menschen wieder mehr konsumieren ließe. Während man bei den privaten Haushalten bei fehlendem Konsum auch vom „Angstsparen“ spricht, nennt man dies in den Unternehmen „Investitionsstau“. Betriebswirtschaftlich betrachtet spricht man davon, wenn die Unternehmen die Abschreibungen nicht zur Reinvestition einsetzen und deshalb weder Abschreibungspotenziale noch liquide Mittel vorhanden sind. Dies geschieht gerade in schlechten Zeiten, da die frei werdenden Mittel durch die Abschreibungen nicht selten zur Finanzierung des Umlaufvermögens oder gar für Fehlbeträge herangezogen werden. Eine wichtige Schlüsselgröße für die künftigen Wachstums- und Beschäftigungsmöglichkeiten einer Ökonomie ist vor allem die Investitionstätigkeit. Ein einfacheres Steuerrecht führt zwangsläufig zu mehr Investitionen. Die Unternehmen erhalten Planungssicherheit, komplizierte Abschreibungsregeln entfallen und die Steuersätze werden reduziert. Dies alles hat eine anziehende Wirkung und lässt die Investitionsquote wieder steigen. Paradoxerweise führt eine Steuervereinfachung mit geringeren Steuersätzen auch zu mehr Steuereinnahmen. Dies ist die Folge des Wirtschafts- und Investitionswachstums, welche wiederum mehr Jobs und mehr Konsum bedingen.

Es stellt sich für uns nun die Frage, wie eine Steuervereinfachung eingeführt werden kann. Eine sehr gute Idee ist die Einführung einer Flat Tax. Man nennt sie auch Einheitssteuer. Dabei gibt es in der Praxis verschiedene Varianten. Die reine Einheitssteuer hat keinen progressiven Verlauf des Grenzsteuersatzes. Im Falle eines Freibetrages verläuft der Durchschnittssteuersatz allerdings progressiv, wodurch eine Umverteilung der Einkommen stattfindet. Damit wird diese „verfassungskonform“. Karlsruhe lässt grüßen! Im Vergleich zu anderen Steuertarifen kann die Einheitssteuer sowohl zu einer geringeren aber auch zu einer höheren Nivellierung von Einkommensunterschieden führen. Das hängt von den beiden Parametern Grenzsteuersatz und Freibetrag ab. Ohne Beschränkung des Durchschnittssteuersatzes auf positive Werte wirkt der Freibetrag bei Einkommen unterhalb dieses Freibetrages als eine negative Einkommensteuer. Es gibt daher zwei Arten der Implementierung: Die Flat Tax mit Negativsteuer hat eine hohe Nivellierungswirkung. Die Flat Tax mit einer Beschränkung des Durchschnittsteuersatzes auf den positiven Bereich hat eine geringere Nivellierungswirkung.

Die nachfolgende Grafik vergleicht die beiden Alternativen: Flat-Steuersatz von 30 Prozent, kein Freibetrag und Flat-Steuersatz von 30% mit einem Freibetrag von 20.000 Euro mit dem Einkommensteuertarif von 2014. Gerade die Alternative mit einem Freibetrag hat einen gewissen Charme, da sich hier durch diese Systematik der negativen Einkommensteuer andere soziale Gesichtspunkte wie Hartz IV und Sozialhilfe einbinden lassen. Bei keinem Einkommen würde man in diesen Fällen 6.000 Euro vom Staat erhalten. Ein mehr als gerechtes System!

[1] Fürst Otto von Bismarck war ein deutscher Politiker und Staatsmann. Er war Ministerpräsident von Preußen, zugleich Bundeskanzler des Norddeutschen Bundes sowie von erster Reichskanzler des Deutschen Reiches, dessen Gründung er maßgeblich vorangetrieben hatte.

Auszug aus dem Kapitel “Kompliziertes Steuerecht”.  Weitere detaillierte Infos und den vollständigen Artikel in unserem ebook “Wir sind dann mal im Ruhestand”. Demnächst hier erhältlich!


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